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DAS DIAMANT SUTRA (Vajra-Prajñāpāramitā-Sūtra ) der chinesische Text von Kumarajiva Ins Englisch übersetzt von dem buddh. Mönch Ven. Zen-Meister Seong Do Aus dem Englischen übersetzt von Dr. Kurt Graulich. 1. DER GRUND FÜR DIE DHARMA-VERSAMMLUNG So habe ich gehört: Einmal hielt sich der Buddha in Anathapindikas Park im Jeta-Hain in der Nähe des Königreichs von Sravasti mit einer Versammlung von 1.250 großartigen Bhikshus auf. Als die Essenszeit kam, zog der Von der Welt Verehrte Eine seine Robe an, nahm seine Patra-Schale und begab sich in die große Stadt von Sravasti, wo er von Tür zu Tür ging und um Essensspenden bettelte. Er kehrte zum Hauptkloster zurück und aß sein Mahl. Sodann legte er seine Robe und die Patra-Schale beiseite, wusch seine Füße, ordnete seinen Sitz und ließ sich nieder. 2. SUBHUTI STELLT EINE FRAGE Zu diesem Zeitpunkt erhob sich der Ehrwür-dige Subhuti, welcher sich inmitten der Versammlung aufhielt, von seinem Platz, entblößte die rechte Schulter, beugte sein rechtes Knie auf den Boden und sagte zum Buddha, während er seine Hände ehrerbietig aneinander legte: Ihr seid einzigartig, Von der Welt Verehrter Einer! Wie gut hat der Tathagata alle Bodhisattvas behütet! Wie gut hat der Tathagata alle Bodhisattvas angeleitet! Von der Welt Verehrter Einer, wenn gute Männer und gute Frauen zum Geist der Anuttara-samyak-sambodhi (dem Geist der Höchsten Erleuchtung) erwacht sind, wie sollte ihr Geist weilen und wie sollte er bezwingen werden? Der Buddha sagte: So ist es, so ist es, Subhuti, wie Du sagst! Alle Bodhisattvas sind vom Tathagata gut behütet worden, und alle Bodhisattvas sind vom Tathagata gut angeleitet worden. Höre nun gut und aufmerksam zu! Ich werde zu Deinem Nutzen sprechen. Wenn gute Männer und gute Frauen zum Geist der Anuttara-Samyak-Sambodhi erwacht sind, sollte ihr Geist so weilen und er sollte so bezwungen werden. So sei es! Von der Welt Verehrter Einer, sicherlich will ich Euch mit großer Freude zuhören.

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3. DIE WAHRE LEHRE DES MAHAYANA Der Buddha sagte zu Subhuti: Alle Bodhisattva-Mahasattvas sollten so ihren Geist bezwingen. Jede Art und Gattung von existierenden Fühlenden Wesen – aus Eiern geschlüpft, aus dem Schoß geboren, aus Feuchtigkeit geboren oder durch Verwandlung entstanden, mit Form oder ohne Form, mit Wahrnehmung oder ohne Wahrnehmung, mit weder Wahrnehmung noch Nicht-Wahrnehmung, - all diese muss ich in das Nirvana ohne Rest führen und sie von allen Leiden befreien. Und dennoch ist, selbst wenn unermesslich, unzählbar und unbegrenzt viele Fühlende Wesen so befreit worden sind, tatsächlich kein einziges Fühlendes Wesen befreit worden. Und warum? Subhuti, weil ein Bodhisattva, der die Vorstellung von einem Selbst, die Vorstellung von einer Person, die Vorstellung von einem Fühlenden Wesen oder die Vorstellung von einer Lebensspanne hat, kein Bodhisattva ist. 4. TIEFSINNIGES VERHALTEN OHNE WEILEN Überdies, Subhuti, sollte ein Bodhisattva Barmherzigkeit ausüben, ohne in irgendwelchen Objekten zu weilen, d.h. er sollte Barmherzigkeit ausüben, ohne in Formen zu weilen, und, ohne in Geräuschen, Gerüchen, Geschmack, Berührungen oder Dharmas zu weilen, sollte er Barmherzigkeit ausüben. Subhuti, so sollte ein Bodhisattva Barmherzigkeit ausüben, und er sollte nicht in irgendwelchen Merkmalen weilen. Und warum? Wenn ein Bodhisattva Barmherzigkeit ausüben würde, ohne in Merkmalen zu weilen, wäre sein gesegnetes Verdienst unerdenklich und unermesslich. Was denkst Du, Subhuti, kannst Du all den leeren Raum ermessen, der sich nach Osten ausdehnt? In der Tat, nein, Von der Welt Verehrter Einer. Subhuti, kannst Du all den leeren Raum ermessen, der sich nach Süden ausdehnt, nach Westen, nach Norden, oder in die vier dazwischen liegenden Richtungen oder nach oben oder nach unten? In der Tat, nein, Von der Welt Verehrter Einer. Subhuti, genauso unerdenklich und unermesslich ist das gesegnete Verdienst des Bodhisattvas, der Barmherzigkeit ausübt, ohne in irgendwelchen Merkmalen zu weilen. Subhuti, ein Bodhisattva sollte so weilen, wie es gelehrt worden ist.

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5. DAS WESEN DER SOHEIT WIRKLICH SEHEN Was denkst Du, Subhuti, kann der Tathagata an Hand seiner körperlichen Merkmale gesehen werden? Nein, Von der Welt Verehrter Einer. Anhand seiner körperlichen Merkmale kann der Tathagata nicht gesehen werden. Und warum? Die körperlichen Merkmale, die vom Tathagata gelehrt worden sind, sind keine körperlichen Merkmale. Der Buddha sagte zu Subhuti: Alles, was Merkmale hat, ist unwahr und falsch. Wenn Du alle Merkmale als Nicht-Merkmale siehst, dann kannst Du den Tathagata sehen. 6. WAHRER GLAUBE IST SELTEN Subhuti sagte zum Buddha: Von der Welt Verehrter Einer, wenn in der Zukunft einige Fühlende Wesen diese Worte oder Sätze hören sollten, werden sie wirklich an sie glauben? Der Buddha sagte zu Subhuti: Sprich nicht so. Sogar in den Tagen der letzten Fünfhundert Jahre nach dem Verscheiden des Tathagatas wird es immer noch solche geben, die ihre Segnungen pflegen, indem sie die Gebote befolgen, so dass sie dazu fähig sein werden, im Hinblick auf diese Worte oder Sätze einen gläubigen Geist zu haben und sie für wahr halten werden. Du solltest wissen, dass solche Menschen ihre guten Wurzeln nicht nur unter einem Buddha, zwei Buddhas, drei, vier oder fünf Buddhas geschlagen haben werden, sondern sie werden ihre guten Wurzeln bereits unter zahllosen zehn Millionen Buddhas geschlagen haben. Deshalb werden sie, wenn sie diese Worte oder Sätze hören sollten, zu einem einzigen Gedanken reinen Glaubens erwachen. Subhuti, der Tathagata weiß vollständig und sieht vollständig, dass all diese Fühlenden Wesen so unermessliches gesegnetes Verdienst erlangen werden. Und warum? Sie werden niemals mehr die Vorstellung von einem Selbst, von einer Person, von einem Fühlenden Wesen oder von einer Lebensspanne haben. Sie werden weder die Vorstellung von einem Dharma, noch die Vorstellung von einem Nicht-Dharma haben. Und warum? Weil, wenn all diese Fühlenden Wesen mit ihrem Geist irgendwelche Merkmale ergreifen würden, sie einem Selbst, einer Person, einem Fühlenden Wesen oder einer Lebensspanne anhaften würden, und selbst wenn sie die Vorstellung von einem Dharma ergreifen würden, würden sie ebenfalls einem Selbst, einer Person, einem Fühlenden Wesen oder einer Lebensspanne anhaften. Und warum? Selbst wenn sie an der Vorstellung von einem Nicht-Dharma ergreifen würden, würden sie ebenfalls einem Selbst, einer Person, einem Fühlenden Wesen oder einer Lebensspanne anhaften. Deshalb solltest Du weder einen Dharma ergreifen, noch solltest Du einen Nicht-Dharma ergreifen. Aus diesem Grund hat der Tathagata stets folgende Worte gelehrt: “All Ihr Bhikshus solltet wissen, dass der Dharma, den ich lehre, einem Floß gleicht; selbst ein Dharma sollte aufgegeben werden, umso mehr ein Nicht-Dharma.”

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7. WEDER ERLANGEN, NOCH LEHREN Was denkst Du, Subhuti, hat der Tathagata die Anuttara-Samyak-Sambodhi erreicht, und gibt es irgendwelche Dharmas, die der Tathagata gelehrt hat? Subhuti sagte: Soweit ich die Bedeutung der Lehre des Buddha verstehe, gibt es weder einen feststehenden Dharma, der als Anuttara-Samyak-Sambodhi bezeichnet werden kann, noch gibt es einen feststehenden Dharma, der vom Tathagata gelehrt werden kann. Und warum? Der Dharma, den der Tathagata gelehrt hat ?er kann nicht ergriffen werden, und über ihn kann nicht gesprochen werden; er ist weder ein Dharma noch ein Nicht-Dharma. Warum ist das so? Weil alle Weisen und Heiligen Unterscheidungen auf der Grundlage des unbedingten Dharmas (Asaṃskrta-Dharma) treffen. 8. AUS DEM DHARMA HERVORGEHEN Was denkst Du, Subhuti, wenn jemand die drei tausend Galaxien von Welten mit den sieben Kostbarkeiten gefüllt hätte und sie dann aus Barmherzigkeit weggeben würde, würde er damit großes gesegnetes Verdienst anhäufen? Subhuti sagte: Sehr großes, Von der Welt Verehrter Einer. Und warum? Weil all solches gesegnetes Verdienst nicht „die Natur des gesegneten Verdienstes“ sind. Deshalb bezeichnet der Tathagata das gesegnete Verdienst als „groß“. Wenn aber ein anderer von diesem Sutra auch nur eine Strophe von vier Zeilen annehmen und bewahren und sie anderen erklären würde, wäre seine Segnungen größer als das zuvor genannte. Und warum? Subhuti, all die Buddhas und die Dharmas der Anuttara-Samyak-Sambodhi aller Buddhas gehen aus diesem Sutra hervor. Subhuti, der sogenannte Buddhadharma ist Nicht-Buddhadharma. 9. EIN EINZIGES MERKMAL IST KEIN MERKMAL Was denkst Du, Subhuti, kann ein Srota-āpanna diesen Gedanken haben: “Von mir ist die Frucht des Srota-āpanna erlangt worden”? Subhuti sagte: In der Tat, nein, Von der Welt Verehrter Einer. Und warum? Weil Srota-āpanna bedeutet: jemand, der in den Strom eingetreten ist, doch tatsächlich ist er nirgendwo eingetreten, d.h. er ist nicht eingetreten in Formen, Geräusche, Gerüche, Geschmack, Berührungen und Dharmas. Deshalb wird er Srota-āpanna genannt. Was denkst Du, Subhuti, kann ein Sakrdāgāmin diesen Gedanken haben: “Von mir ist die Frucht des Sakrdāgāmin erlangt worden”? Subhuti sagte: In der Tat, nein, Von der Welt Verehrter Einer. Und warum? Weil Sakrdāgāmin bedeutet: jemand, der nur einmal geht und zurückkehrt, während es tatsächlich kein Gehen und Zurückkehren gibt. Deshalb wird er Sakrdāgāmin genannt. Was denkst Du, Subhuti, kann ein Anagamin diesen Gedanken haben: “von mir ist die Frucht des Anāgāmin erlangt worden”? Subhuti sagte: In der Tat, nein, Von der Welt Verehrter Einer. Und warum nicht? Weil Anāgāmin bedeutet: jemand, der nicht zurückkehrt, während es tatsächlich kein Nicht-Zurückkehren gibt. Deshalb wird er Anāgāmin genannt.

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Was denkst Du, Subhuti, kann ein Arhat diesen Gedanken haben: “von mir ist die Arhatschaft erlangt worden”? Subhuti sagte: In der Tat, nein, Von der Welt Verehrter Einer. Und warum? Weil es in der Tat keinen Arhat genannten Dharma gibt. Von der Welt Verehrter Einer, wenn ein Arhat den Gedanken haben sollte, “von mir ist die Arhatschaft erreicht worden”, dann würde er ein Selbst, eine Person, ein Fühlendes Wesen und eine Lebensspanne ergreifen. Von der Welt Verehrter Einer, der Buddha sagt, dass ich der Vorderste von denen sei, die das Samadhi ohne Kampf erreicht haben (Aranā-Samādhi). Das bedeutet, der Vorderste von allen Arhats, die ohne Begierde sind. Und dennoch habe ich keinen solchen Gedanken wie: “Ich bin ein Arhat frei von Begierde”. Welt Verehrter Einer, wenn ich den Gedanken hätte, “von mir ist die Arhatschaft erreicht worden”, würde der Von der Welt Verehrte Eine nicht erklären, „Subhuti ist der Eine, welcher sich am Aranā-Vihārin erfreut“. Weil Subhuti aber tatsächlich nicht von diesem Gedanken erfüllt ist, werde ich, “Subhuti, der Eine, der sich am Aranā-Vihārin erfreut” genannt. 10. DIE ERHABENHEIT REINER LÄNDER Der Buddha sagte zu Subhuti: Was denkst Du, gab es irgendeinen Dharma, den der Tathagata erreicht hat, als er unter dem Buddha Dipankara in der fernen Vergangenheit praktiziert hat? Subhuti sagte: In der Tat nicht, Von der Welt Verehrter Einer. Es gab tatsächlich keinen Dharma, den der Tathagata erreicht hat, als er unter dem Buddha Dipankara praktiziert hat. Was denkst Du, Subhuti, schmückt ein Bodhisattva Buddha-Länder erhaben aus? In der Tat, nein, Von der Welt Verehrter Einer. Und warum? Weil das erhabene Ausschmücken der Buddha-Länder kein erhabenes Ausschmücken ist; nur sein Name ist erhabenes Ausschmücken. Deshalb, Subhuti, sollten all die Bodhisattva-Mahasattvas ihren reinen Geist so erzeugen. Sie sollten ihren Geist erzeugen, ohne in irgendwelchen Formen zu weilen, und, ohne in Geräuschen, Gerüchen, Geschmack, Berührungen und Dharmas zu weilen, sollten sie ihren Geist erzeugen. Ohne irgendwo zu weilen, sollten sie ihren Geist erzeugen. Subhuti, einmal unterstellt, es gäbe, bildlich gesprochen, einen Mann mit einem Leib so groß wie Sumeru, der König der Berge, was denkst Du, wäre dieser Leib groß? Subhuti sagte: Außerordentlich groß, Von der Welt Verehrter Einer. Und warum? Weil der Buddha einen Nicht-Leib als einen großen Leib bezeichnet hat.

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11. DIE ÜBERLEGENHEIT DER UNBEDINGTEN SEGNUNGEN Was denkst Du, Subhuti, wenn es so viele Ganges-Flüsse wie die Zahl der Sandkörner im Ganges gäbe, würden die Sandkörner in all diesen Ganges-Flüssen viele sein? Subhuti sagte: Sehr viele, Von der Welt Verehrter Einer. Selbst all die Ganges-Flüsse wären schon unzählbar, umso mehr erst all die Sandkörner in ihnen. Subhuti, ich werde Dir jetzt die Wahrheit sagen. Wenn ein guter Mann oder eine gute Frau die drei Tausend Galaxien der Welten so zahllose Male wie es Sandkörner in all diesen Ganges-Flüssen gibt mit den sieben Kostbarkeiten gefüllt hätte, und sie alle aus Barmherzigkeit weggeben würde, würde er oder sie große Segnungen erlangen? Subhuti sagte: Sehr große, Von der Welt Verehrter Einer. Der Buddha sagte zu Subhuti: Wenn ein guter Mann oder eine gute Frau von diesem Sutra auch nur eine Strophe von vier Zeilen annehmen und bewahren und anderen erklären würde, so wäre dieses gesegnete Verdienst noch weit größer als das zuvor genannte. 12. VEREHRUNG DER WAHREN LEHRE Überdies, Subhuti, solltes Du wissen, dass, wo immer dieses Sutra oder auch nur eine der Vierzeilen-Strophen daraus erläutert wird, diesem Ort genauso wie dem Stupa oder Schrein des Buddha von den ganzen Reichen der Himmel, Menschen und Asuras, Opfergaben dargebracht werden sollten; um wie viel mehr dann erst denjenigen, die dieses Sutra ganz und gar annehmen und bewahren, lesen und rezitieren werden. Subhuti, Du solltest wissen, dass eine solche Personen den höchsten und allerseltensten Dharma verwirklicht. Wo auch immer dieses Sutra aufbewahrt wird, dieser Ort sollte so sein, als ob entweder der Buddha oder einer seiner ehrwürdigen Schülern dort zugegen wäre. 13. DEN SOHEITS-DHARMA ANNEHMEN UND BEWAHREN Da sagte Subhuti zum Buddha: Von der Welt Verehrter Einer, wie soll dieses Sutra genannt werden und wie sollen wir es im Geist halten? Der Buddha sagte zu Subhuti: Der Name dieses Sutra ist Vajra Prajna-Paramita, und unter diesem Namen solltet Ihr es in Wertschätzung halten. Warum ist dies so? Subhuti, das Prajna-Paramita, das der Buddha gelehrt hat, ist nicht Prajna-Paramita, deshalb wird es Prajna-Paramita genannt. Was denkst Du, Subhuti, hat der Tathagata jemals irgendeinen Dharma gelehrt? Subhuti sagte zum Buddha: Von der Welt Verehrter Einer, nichts ist vom Tathagata gelehrt worden. Was denkst Du, Subhuti, gibt es viele Staubteilchen in den drei Tausend Galaxien der Welten? Subhuti sagte: In der Tat, viele, Von der Welt Verehrter Einer. Subhuti, alle Staubteilchen, über die der Tathagata in seiner Lehre gesprochen hat, sind keine Staubteilchen; sie sind nichts als ein Name, und die Weltsysteme, über die der Tathagata in seiner Lehre gesprochen hat, sind ebenfalls keine Weltsysteme; deshalb werden sie Weltsysteme genannt.

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Was denkst Du, Subhuti, kann der Tathagata an Hand der zweiunddreißig Merkmale gesehen werden? In der Tat, nein, Von der Welt Verehrter Einer. An Hand der zweiunddreißig Merkmale kann der Tathagata nicht gesehen werden. Und warum nicht? Die zweiunddreißig Merkmale, über die der Tathagata in seiner Lehre gesprochen hat, sind keine Merkmale; deshalb werden sie zweiunddreißig Merkmale genannt. Subhuti, wenn ein guter Mann oder eine gute Frau als Akt der Barmherzigkeit sein oder ihr Leben so oft hingeben würde wie es Sandkörner im Ganges gibt, - und wenn demgegenüber ein anderer von diesem Sutra auch nur eine Strophe von vier Zeilen annehmen und bewahren und sie anderen erklären würde, so wären die Segnungen des Letzteren weit größer. 14. STILLE AUSLÖSCHUNG JENSEITS VON MERKMALEN Als Subhuti hörte, wie dieses Sutra gelehrt wurde, und seine tiefe Bedeutung erkannte, war er zu Tränen gerührt und sagte zum Buddha: Wie einzigartig Ihr seid, Von der Welt Verehrter Einer! Ich habe niemals zuvor ein so tiefgründiges vom Buddha gelehrtes Sutra vernommen, nicht einmal mit dem in meinem ganzen früheren Leben erlangten Auge der Weisheit. Von der Welt Verehrter Einer, wenn jemand, der dieses Sutra hört, mit reinem Geist an es glauben würde, dann würde er das Merkmal der Wirklichkeit erzeugen. Wir sollten wissen, dass eine solche Person die seltenste Art von Wohltat und Tugend verwirklichen würde. Von der Welt Verehrter Einer, das Merkmal der Wirklichkeit ist kein Merkmal. Deshalb wird es vom Tathagata das Merkmal der Wirklichkeit genannt. Von der Welt Verehrter Einer, jetzt ist es nicht schwierig für mich, dieses Sutra zu hören und an es zu glauben, es zu verstehen, anzunehmen und zu bewahren. Wenn aber in der Zukunft, in der letzten der fünf Fünfhundert-Jahresperioden, jemand von diesem Sutra hören und an es glauben, es verstehen, annehmen und bewahren würde, so wäre eine solche Person in der Tat äußerst selten. Und warum? Diese Person wird weder eine Vorstellung von einem Selbst haben, noch eine Vorstellung von einer Person, noch eine Vorstellung von einem Fühlenden Wesen, noch eine Vorstellung von einer Lebensspanne. Warum ist das so? Die Vorstellung von einem Selbst ist keine Vorstellung, und die Vorstellung von einer Person, einem Fühlenden Wesen oder einer Lebensspanne ist auch keine Vorstellung. Und warum? Weil derjenige, der frei von allen Merkmalen ist, ein “Buddha“ genannt wird. Der Buddha sagte zu Subhuti: So ist es, so ist es. Du solltest wissen, wenn jemand beim Hören dieses Sutras weder erstaunt sein sollte, noch erschrocken, noch von Angst erfüllt, so wäre eine solche Person ausgesprochen selten. Und warum? Subhuti, das erste Pāramitā, das vom Tathagata gelehrt worden ist, ist nicht das erste Pāramitā; nur sein Name ist erstes Pāramitā. Subhuti, das Pāramitā der Geduld, das vom Tathagata gelehrt worden ist, ist auch nicht das Pāramitā der Geduld; (Kṣēnti Pāramitā), deshalb wird es Pāramitā der Geduld genannt. Und warum? Subhuti, in ferner Vergangenheit, als mein Leib von König Kalinga zerstückelt wurde, hatte ich keine Vorstellung von einem Selbst, keine Vorstellung von einer Person, keine Vorstellung von einem Fühlenden Wesen und keine Vorstellung von einer Lebensspanne. Und warum? Hätte ich, als meine Glieder in Stücke geschnitten wurden, die Vorstellung von einem Selbst, die Vorstellung von einer Person, die Vorstellung von einem Fühlenden Wesen oder die Vorstellung von einer Lebensspanne gehabt, so hätte ich damals gewütet und Groll gegen ihn empfunden.

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Subhuti, weiterhin erinnere ich mich an die Zeit, als ich in der Vergangenheit für fünfhundert Lebenszeiten ein der Geduld ergebener Weiser (Kṣēntyrṣi or Kṣēntivādin) war. Auch damals hatte ich weder eine Vorstellung von einem Selbst, noch eine Vorstellung von einer Person, noch eine Vorstellung von einem Fühlenden Wesen, noch eine Vorstellung von einer Lebensspanne. Wenn der Geist irgendwo weilt, ist es Nicht- Weilen. Deshalb lehrt der Buddha, dass der Geist eines Bodhisattva, ohne in Form zu weilen, Barmherzigkeit ausüben sollte. Subhuti, alle Bodhisattvas sollten so Barmherzigkeit zum Wohle aller Fühlenden Wesen ausüben. Alle Merkmale, die vom Tathagata gelehrt worden sind, sind keine Merkmale, und alle Fühlenden Wesen, über die von ihm gelehrt worden ist, sind ebenfalls keine Fühlenden Wesen. Subhuti, der Tathagata ist einer, der die Wahrheit sagt, der das Wirkliche sagt, und der sagt, was so ist, der nichts Falsches sagt, und der nicht auf andere Weise spricht. Subhuti, der Dharma, der vom Tathagata erlangt wurde, ist weder wahr noch unwahr. Subhuti, wenn ein Bodhisattva Barmherzigkeit ausüben würde, während er mit dem Geist im Dharma weilen würde, wäre er wie eine Person, die nichts sehen kann, weil sie in die Dunkelheit eintritt, aber wenn ein Bodhisattva Barmherzigkeit ausüben würde, ohne dass der Geist im Dharma weilen würde, wäre er wie eine Person mit Augen, die all die verschiedenen Formen im hellen Sonnenlicht sehen kann. Subhuti, wenn in der Zukunft, gute Männer und gute Frauen fähig wären, dieses Sutra anzunehmen und es zu bewahren, zu lesen und zu rezitieren, würde der Tathagata sie mit seiner Buddha-Weisheit vollständig erkennen und vollständig sehen; sie alle würden eine unermessliche und grenzenlose verdienstvolle Tugend erlangen. 15. DIE WOHLTAT UND DIE TUGEND, DAS SUTRA ZU BEWAHREN Subhuti, wenn da ein guter Mann oder eine gute Frau wäre, die am Morgen Barmherzigkeit in so vielen Gestalten praktizieren würde wie die Zahl der Sandkörner im Ganges, und wieder am Mittag Barmherzigkeit in so vielen Gestalten praktizieren würde wie die Zahl der Sandkörner im Ganges, und auch am Abend Barmherzigkeit in so vielen Gestalten praktizieren würde wie die Zahl der Sandkörner im Ganges, und auf diese Weise Barmherzigkeit in so vielen Gestalten praktizieren würde in unermesslichen Hunderten von Tausenden von Zehntausenden von Hunderten Millionen von Kalpas; und wenn da ein anderer wäre, der beim Hören dieses Sutras es mit gläubigem Geist nicht zurückweisen würde, so würde die Segnung des Letzteren diejenige des Vorherigen bei weitem übersteigen; um wie viel mehr erst gilt dies für eine Person, die dieses Sutra aufschreiben und annehmen, bewahren, lesen, rezitieren und es anderen in aller Ausführlichkeit erleuchten würde! Subhuti, zusammenfassend gesprochen, ist die verdienstvolle Tugend dieses Sutras unvorstellbar, unermesslich und grenzenlos. Es wird vom Tathagata für diejenigen gelehrt, die zum Geist des Mahayana erwacht sind, und für diejenigen, die zum Geiste des Höchsten Fahrzeugs erwacht sind. Wenn einige Menschen in der Lage wären, dieses Sutra anzunehmen und es zu bewahren, zu lesen, vorzutragen und es ausführlich für andere zu erklären, wären sie dem Tathagata vollständig bekannt und von ihm vollständig gesehen worden; sie alle werden gesegnet sein mit einer Anhäufung von Wohltat und Tugend, unermesslich, unschätzbar, grenzenlos und unvorstellbar. All diese Menschen sind ganz so, als ob sie die Anuttara-Samyak-Sambodhi auf ihren Rücken trügen. Und warum? Subhuti, diejenigen, die sich an minderwertigen Dharmas erfreuen, haften der Ansicht von einem Selbst an, der Ansicht von einer Person, der Ansicht von einem Fühlenden Wesen und der Ansicht von einer Lebensspanne und sie sind unfähig, dieses Sutra zu hören und anzunehmen, zu lesen, zu rezitieren und es für andere zu erleuchten.

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Subhuti, wo immer dieses Sutra bewahrt wird, werden an diesem Ort von allen Reichen der Himmel, Menschen und Asuras Opfer dargebracht werden. Es sollte bekannt sein, dass ein solcher Ort dem Stupa des Buddha gleichwertig ist, wo alle sich gehorsam niederwerfen und ihn umwandeln sollten, während sie jedwede Art von Blumen opfern und Duft von Räucherwerk verbreiten. 16. DIE REINIGUNG VON KARMISCHER BEHINDERUNG Wenn überdies, Subhuti, gute Männer oder gute Frauen, die dieses Sutra annehmen und bewahren, lesen und vortragen, von anderen verachtet würden, so sollten diese Personen, verursacht durch das schlechte Karma ihrer früheren Leben eigentlich auf die schlechten Pfade herabsinken, indem sie aber von anderen in ihrem gegenwärtigen Leben verachtet würden, würde das schlechte Karma ihrer früheren Leben gesühnt werden, und sie sollten die Anuttara-Samyak-Sambodhi erreichen. Subhuti, ich erinnere, dass ich in der vergangen Periode von unzählbaren Asaṃkhyeya Kalpas, vor der Zeit des Buddha Dipankara, mit 84.000 Milliarden von Nayutas aller Buddhas zusammengetroffen bin, und ihnen allen Opfer durch fromme Dienste dargebracht habe, ohne mich auch nur von ihnen entfernt zu haben. Nebenbei, wenn da am Ende der Welt, in der letzten der fünf Fünfhundert-Jahresperioden, jemand wäre, der dieses Sutra annehmen und bewahren, es lesen und vortragen würde, so würden die Wohltat und die Tugend, welche ich durch Darbringung der Opfer an all diese Buddhas in der vergangenen Periode verwirklicht habe - verglichen mit dem Wohltat und der Tugend dieser Person - weder einen hundertsten Teil, noch einen trillionsten Teil, noch irgendeinen rechnerisch vergleichbaren Teil davon erreichen. Subhuti, wenn ich in allen Einzelheiten die Wohltat und die Tugend eines guten Mannes oder einer guten Frau erklären würde, die in einer zukünftigen Periode dieses Sutra annehmen und bewahren, lesen und vortragen würde, würden einige Menschen, wenn sie dies hörten, im Geist verwirrt werden, könnten zweifeln und ungläubig werden. Du solltest wissen, Subhuti, dass die Bedeutung dieses Sutras jenseits aller Vorstellung ist, und dass die daraus entspringenden Früchte auch jenseits aller Vorstellung sind. 17. KEIN SELBST IM LETZTEN Dann sagte Subhuti zum Buddha: Von der Welt Verehrter Einer, wenn gute Männer und gute Frauen zum Geist der Anuttara-samyak-sambodhi (dem Geist der Höchsten Erleuchtung) erwacht sind, wie sollte ihr Geist weilen und wie sollte er bezwungen werden ? Der Buddha sagte zu Subhuti: Wenn gute Männer und gute Frauen zum Geist der Anuttara-Samyak-Sambodhi erwacht sind, sollten sie so ihren Geist erzeugen: Alle Fühlenden Wesen werde ich ins Nirvana leiten. Obwohl alle Fühlenden Wesen so in das Nirvana geleitet worden sind, ist dennoch tatsächlich kein Fühlendes Wesen in das Nirvana geleitet worden. Und warum? Subhuti, wenn ein Bodhisattva die Vorstellung von einem Selbst, die Vorstellung von einer Person, die Vorstellung von einem Fühlenden Wesen oder die Vorstellung von einer Lebensspanne hat, ist er kein Bodhisattva. Warum ist das so? Subhuti, es ist dies so, weil es tatsächlich keinen Dharma gibt, durch den man zum Geist der Anuttara-Samyak-Sambodhi erwacht. Subhuti, was denkst Du, gab es irgendeinen Dharma, durch den der Tathagata, als er mit dem Buddha Dipankara zusammen war, die Anuttara-Samyak-Sambodhi erreicht hätte? In der Tat, nein, Von der Welt Verehrter Einer. So wie ich die Bedeutung von dem verstehe, was der Buddha gesagt hat, gab es keinen Dharma, durch den der Tathagata, als er mit dem Buddha Dipankara zusammen war, die Anuttara-Samyak-Sambodhi erreicht hätte.

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Der Buddha sagte: So ist es, so ist es, Subhuti. Tatsächlich gab es keinen Dharma, durch den Tathagata die Anuttara-Samyak-Sambodhi erreicht hätte. Subhuti, hätte es irgendeinen Dharma gegeben, durch den der Tathagata die Anuttara-Samyak-Sambodhi erreicht hätte, hätte der Buddha Dipankara mir nicht vorausgesagt, “Du wirst in einer zukünftigen Periode ein Buddha mit dem Namen Shakyamuni sein”; aber weil es tatsächlich keinen Dharma gab, durch den die Anuttara-Samyak-Sambodhi erreicht worden wäre, sagte mir der Buddha Dipankara voraus, “Du wirst in einer zukünftigen Periode ein Buddha mit dem Namen Shakyamuni sein.” Und warum? Weil, “Tathagata” “Soheit aller Dharmas” bedeutet. Selbst wenn irgendjemand sagen würde, der Tathagata habe die Anuttara-Samyak-Sambodhi (den Geist der Höchsten Erleuchtung) erreicht, Subhuti, gäbe es tatsächlich keinen Dharma, durch den der Buddha die Anuttara-Samyak-Sambodhi erreicht hat. Subhuti, die Anuttara-Samyak-Sambodhi, die der Tathagata erreicht hat, ist weder wirklich noch unwirklich. Deshalb lehrt der Tathagata, “alle Dharmas sind der Buddha-dharma”. Subhuti, was die Menschen alle Dharmas nennen, ist nicht alle Dharmas. Deshalb werden sie alle Dharmas genannt. Subhuti, bildlich gesprochen ist es wie des Menschen großer Leib. Subhuti sagte: Von der Welt Verehrter Einer, der große Leib des Menschen, von dem der Tathagata gesprochen hat, ist kein großer Leib; nur sein Name ist großer Leib. Subhuti, das Selbe gilt auch für einen Bodhisattva. Wenn ein Bodhisattva sagen sollte, “Ich werde unzählige Fühlende Wesen befreien”, dann könnte er nicht Bodhisattva genannt werden. Und warum? Subhuti, weil der Eine, der tatsächlich keinen Dharma hat, Bodhisattva genannt wird. Deshalb haben alle vom Buddha gelehrten Dharmas weder Selbst, noch Person, noch Fühlendes Wesen, noch Lebensspanne. Subhuti, wenn ein Bodhisattva sagen würde, “Ich werde erhabene Buddha-Länder ausschmücken”, könnte er nicht Bodhisattva genannt werden. Und warum? Die Ausschmückung erhabener Buddha-Länder, die der Buddha gelehrt hat, ist keine Ausschmückung. Deshalb wird sie Ausschmückung genannt. Subhuti, wenn ein Bodhisattva ein vollständiges Wissen über den Dharma der Selbstlosigkeit erlangt hat, kann er vom Tathagata ein echter Bodhisattva genannt werden.

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18. IDENTISCHE SICHTWEISEN DES GANZEN Was denkst Du, Subhuti, hat der Tathagata das körperliche Auge? So ist es, Von der Welt-Verehrter Einer. Der Tathagata hat das körperliche Auge. Was denkst Du Subhuti, hat der Tathagata das himmlische Auge? So ist es, Von der Welt Verehrter Einer. Der Tathagata hat das himmlische Auge. Was denkst Du, Subhuti, hat der Tathagata das Weisheitsauge? So ist es, Von der Welt Verehrter Einer. Der Tathagata hat das Weisheitsauge. Was denkst Du, Subhuti, hat der Tathagata das Dharma-Auge? So ist es, Von der Welt Verehrter Einer. Der Tathagata hat das Dharma-Auge. Was denkst Du, Subhuti, hat der Tathagata das Buddha-Auge? So ist es, Von der Welt Verehrter Einer. Der Tathagata hat das Buddha-Auge. Was denkst Du, Subhuti, hat der Tathagata die Sandkörner im Ganges erwähnt? So ist es, Von der Welt Verehrter Einer. Der Tathagata hat die Sandkörner im Ganges erwähnt. Subhuti, was denkst Du? Wenn es Ganges-Flüsse gäbe so zahllos wie die Sandkörner in einem Ganges-Fluss, und wenn es so viele Buddha-Reiche gäbe wie die Sandkörner in all diesen Ganges-Flüssen, wären all dies viele Buddha-Reiche? In der Tat, sehr viele, Von der Welt Verehrter Einer. Der Buddha sagte zu Subhuti: All die Vielfalt des Geistes, die allen Fühlenden Wesen in all diesen Buddha-Reichen widerfährt, ist dem Tathagata vollständig bekannt. Und warum? Aller Geist, über den der Tathagata gelehrt hat, ist kein Geist; deshalb wird er Geist genannt. Warum ist das so? Subhuti, der vergangene Geist kann nicht ergriffen werden, noch kann der gegenwärtige Geist ergriffen werden, noch kann der zukünftige Geist ergriffen werden. 19. DURCHDRINGUNG DER DHARMA-REICHE Was denkst Du, Subhuti, wenn jemand die drei Tausend Galaxien von Welten mit den sieben Kostbarkeiten gefüllt hätte, und sie dann alle aus Barmherzigkeit weggeben würde, würde er kraft dessen eine Anhäufung der Segungen erlangen? So ist es, Von der Welt Verehrter Einer. Diese Person würde kraft dessen eine groß Anhäufung der grosse Segnungen erlangen. Subhuti, wenn es tatsächlich dieses gesegnete Verdienst gäbe, würde der Tathagata nicht davon sprechen, eine Anhäufung gesegneten Verdienstes zu erlangen, aber weil es kein gesegnetes Verdienst gibt, spricht der Tathagata davon, eine Anhäufung gesegneten Verdienstes zu erlangen.

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20. JENSEITS SOWOHL VON FORM, ALS AUCH VON MERKMAL Was denkst Du, Subhuti, kann der Buddha an Hand seines perfekten Form-Leibes gesehen werden? Nein, Von der Welt Verehrter Einer. An Hand seines perfekten Form-Leibes kann der Tathagata nicht gesehen werden. Und warum? Der perfekte Form-Leib, über den der Tathagata in seiner Lehre gesprochen hat, ist kein perfekter Form-Leib. Deshalb wird er perfekter Form-Leib genannt. Was denkst Du, Subhuti, kann der Tathagata anhand der Vollkommenheit aller Merkmale gesehen werden? Nein, von der Welt Verehrter Einer, anhand der Vollkommenheit aller Merkmale kann der Tathagata nicht gesehen werden. Warum? Die Vollkommenheit aller Merkmale, die der Tathagata gelehrt hat, ist nicht die Vollkommenheit aller Merkmale. Deshalb wird sie die Vollkommenheit aller Merkmale genannt. 21. DIE LEHRE JENSEITS VON WORTEN Subhuti, sage nicht, dass der Tathagata den Gedanken hegt, “durch mich ist der Dharma gelehrt worden”. Und warum? Wenn jemand sagen würde, dass der Tathagata den Dharma gelehrt hat, würde er den Buddha verleumden, weil er noch nicht verstanden hätte, was ich gesagt habe. Subhuti, die Lehre des Dharmas bedeutet, dass es keinen Dharma gibt, der gelehrt werden kann. Deshalb wird es die Lehre des Dharmas genannt. Dann sagte der weise Subhuti zum Buddha: Von der Welt Verehrter Einer, werden da in einer zukünftigen Periode irgendwelche Fühlenden Wesen sein, die beim Hören solcher Dharmas, wahrhaft glauben werden? Der Buddha sagte: Subhuti, dieses sind weder Fühlende Wesen noch Nicht-Fühlende Wesen. Und warum? Subhuti, obwohl sie “Fühlende Wesen, Fühlende Wesen” genannt werden, wird vom Tathagata gelehrt, dass sie keine Fühlenden Wesen sind. Deshalb werden sie Fühlende Wesen genannt. 22. KEIN DHARMA KANN ERREICHT WERDEN Subhuti sagte zum Buddha: Von der Welt Verehrter Einer, ist es nicht so, dass es kein Erreichen gibt, durch welches der Buddha die Anuttara-Samyak-Sambodhi erreicht hat? Der Buddha sagte: So ist es, so ist es, Subhuti. Soweit wie die Anuttara-Samyak-Sambodhi betroffen ist, habe ich nicht den geringsten Dharma erreicht. Deshalb wird er Anuttara-Samyak-Sambodhi genannt. 23. DER REINE GEIST IST GUTES VERHALTEN Darüber hinaus, Subhuti, ist dieser Dharma unparteiisch und gleich, und er ist weder hoch noch niedrig. Deshalb wird er die Anuttara-Samyak-Sambodhi genannt. Indem alle guten Dharmas ohne Selbst, ohne Person, ohne Fühlendes Wesen und ohne Lebensspanne gepflegt werden, kann die Anuttara-Samyak-Sambodhi erreicht werden. Subhuti, als keine guten Dharmas werden auch die so genannten guten Dharmas vom Tathagata gelehrt. Deshalb werden sie gute Dharmas genannt.

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24. UNVERGLEICHLICHKEIT VON SEGNUNG UND WEISHEIT Subhuti, wenn jemand als Akt der Barmherzigkeit Stapel der sieben Kostbarkeiten weggeben würde, die dem Ausmaß aller Sumeru-Berge, den Königen der Berge in den Welten der drei Tausend Galaxien von Welten gleich kämen, und wenn ein anderer demgegenüber von diesem Prajnāpāramitā-Sutra auch nur eine Strophe von vier Zeilen annehmen und bewahren, lesen, rezitieren und anderen erklären würde, könnte das gesegnete Verdienst des Vorigen weder den hundertsten Teil von dem des Letzteren erreichen, noch könnte es den trillionsten Teil davon erreichen, noch könnte es auch nur im Mindesten mit dem Verdienst des Letzteren durch irgendeine Berechnung verglichen werden. 25. ERLEUCHTUNG, OHNE ERLEUCHTET ZU WERDEN Was denkst Du, Subhuti, würdest Du sagen, dass der Tathagata diesen Gedanken hat: “Ich muss alle Fühlenden Wesen erretten”? Subhuti, denke nicht so. Und warum? Tatsächlich gibt es kein Fühlendes Wesen, das der Tathagata zu erretten hätte. Wenn es irgendwelche Fühlenden Wesen gäbe, die vom Tathagata errettet werden könnten, dann würde dies bedeuten, dass der Tathagata in der Vorstellung von einem Selbst gefangen wäre, in der Vorstellung von einer Person, in der Vorstellung von einem Fühlenden Wesen und in der Vorstellung von einer Lebensspanne. Subhuti, das Selbst, das der Tathagata gelehrt hat, ist kein Selbst. Und dennoch haben nur die einfachen Menschen den Gedanken: “da ist das Selbst”. Subhuti, der Tathagata hat in seiner Lehre die einfachen Menschen ebenfalls als nicht-einfache Menschen erklärt. Deshalb werden sie einfache Menschen genannt. 26. DER DHARMA-LEIB IST NICHT-MERKMALE Was denkst Du, Subhuti, kann der Tathagata an Hand der zweiunddreißig Merkmale wahrgenommen werden? Subhuti sagte: So ist es, so ist es. Der Tathagata kann an Hand der zweiunddreißig Merkmale wahrgenommen werden. Der Buddha sagte zu Subhuti: Wenn der Tathagata an Hand der zweiunddreißig Merkmale wahrgenommen werden könnte, wäre der Cakravatin (cakravarti-rāja) dann auch der Tathagata? Subhuti sagte zum Buddha: Von der Welt Verehrter Einer, so wie ich die Bedeutung von dem verstehe, was der Buddha gesagt hat, kann der Tathagata nicht an Hand der zweiunddreißig Merkmale wahrgenommen werden. Dann äußerte der Von der Welt Verehrte Eine die folgenden Verse: Wer, mich an Hand der Form sehen möchte, und wer mich in meiner Stimme sucht, solch eine Person praktiziert den falschen Weg und kann den Tathagata nicht sehen.

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27. WEDER ENDE NOCH AUSLÖSCHUNG Subhuti, Du magst den Gedanken haben, dass der Tathagata die Anuttara-Samyak-Sambodhi erreicht hat, ohne dass die Vollkommenheit der Merkmale dafür von Wichtigkeit ist. Subhuti, Du solltest den Gedanken, dass der Tathagata die Anuttara-Samyak-Sambodhi erlangt hat, ohne dass die Vollkommenheit der Merkmale dafür von Wichtigkeitist, nicht haben. Subhuti, wenn Du den Geist der Anuttara-Samyak-Sambodhi mit einem solchen Gedanken entstehen ließest, würdest Du damit verkünden, dass alle Dharmas vollständig abgeschnitten und ausgelöscht worden sind. Und warum? Diejenigen, die zum Geist der Anuttara-Samyak-Sambodhi erwacht sind, verkünden nicht die Auslöschung der Merkmale eines Dharmas. 28. WEDER ERWERBEN NOCH GIER Subhuti, wenn ein Bodhisattva die Welten so zahllos wie die Sandkörner des Ganges mit den sieben Kostbarkeiten gefüllt hätte und sie alle aus Barmherzigkeit weggeben würde, und wenn jemand anderes die Wirklichkeit wahrnehmen würde, dass alle Dharmas kein Selbst haben, würden die Wohltat und die Tugend dieses Bodhisattvas bei weitem diejenigen des vorigen übersteigen. Und warum? Subhuti, weil ein Bodhisattva kein gesegnetes Verdienst empfängt. Subhuti sagte zum Buddha: Von der Welt Verehrter Einer, wie kommt es, dass ein Bodhisattva kein gesegnetes Verdienst empfängt? Subhuti, ein Bodhisattva sollte nicht mit Begierde an die Belohnung seines gesegneten Verdienstes gekettet sein, das er erzeugt und erwirbt. Deshalb ist gelehrt worden, dass er kein gesegnetes Verdienst empfängt. 29. RUHIGE STILLE DER WÜRDE Subhuti, wenn jemand sagt, dass der Tathagata kommt oder geht, sitzt oder sich hinlegt, versteht er die Bedeutung meiner Lehre nicht. Und warum? Der Tathagata ist weder von irgendwoher gekommen, noch irgendwohin gegangen. Deshalb wird er der Tathagata genannt. 30. DIE ALLUMFASSENDE EINHEIT VON WESEN UND MERKMALEN Subhuti, wenn ein guter Mann oder eine gute Frau die drei Tausend Galaxien von Welten zu Staubteilchen zermahlen würde, was meinst Du, wären dies dann viele Staubteilchen? Subhuti sagte: So viele, Von der Welt Verehrter Einer. Und warum? Wenn all solche Staubteilchen wirklich existierten, würde der Buddha sie nicht Staubteilchen nennen. Warum ist das so? Die vom Buddha so genannten Staubteilchen sind keine Staubteilchen. Deshalb werden sie Staubteilchen genannt. Von der Welt Verehrter Einer, die vom Buddha so genannten drei Tausend Galaxien von Welten sind auch keine Weltsysteme. Deshalb werden sie Weltsysteme genannt. v Und warum? Wenn diese Welten tatsächlich existierten, sollten sie eine ‘allumfassende Einheit von Merkmalen’ bilden. Die vom Buddha so genannte ‘allumfassende Einheit von Merkmalen’ ist keine allumfassende Einheit von Merkmalen. Deshalb wird sie eine ‘allumfassende Einheit von Merkmalen’ genannt. Subhuti, die ‘allumfassende Einheit von Merkmalen’ ist jenseits von Worten, aber nur die einfachen Menschen hängen ihr begierig an.

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31. DAS VERSCHWINDEN VON VERSTANDESMÄSSIGEN ANSCHAUUNGEN Subhuti, wenn jemand sagen würde, dass der Buddha die Sichtweise von einem Selbst gelehrt hat, die Sichtweise von einer Person, die Sichtweise von einem Fühlenden Wesen und die Sichtweise von einer Lebensspanne, was denkst Du, würde er die Bedeutung von dem verstehen, was ich gesagt habe? In der Tat, nein, Von der Welt Verehrter Einer. Diese Person hätte die Bedeutung von dem, was der Buddha gesagt hat, nicht verstanden. Und warum? Was der Von der Welt Verehrte Eine die Sichtweise von einem Selbst, die Sichtweise von einer Person, die Sichtweise von einem Fühlenden Wesen und die Sichtweise von einer Lebensspanne nennt, ist nicht wirklich die Sichtweise von einem Selbst, die Sichtweise von einer Person, die Sichtweise von einem Fühlenden Wesen und die Sichtweise von einer Lebensspanne; deshalb werden sie die Sichtweise von einem Selbst, die Sichtweise von einer Person, die Sichtweise von einem Fühlenden Wesen und die Sichtweise von einer Lebensspanne genannt. Subhuti, diejenigen, die zum Geist der Anuttara-Samyak-Sambodhi erwacht sind, sollten so alle Dharmas kennen, sollten sie so sehen und sollten so an sie glauben und sie so verstehen; und sie sollten nicht die Vorstellung von Dharmas erzeugen. Subhuti, als Nicht-Vorstellung von einem Dharma ist die so genannte Vorstellung von einem Dharma vom Tathagata gelehrt worden. Deshalb wird sie die Vorstellung von einem Dharma genannt. 32. DIE UNWIRKLICHKEIT VON VERÄNDERUNGEN Subhuti, wenn jemand den unermesslichen Asamkhya der Welten mit den sieben Kostbarkeiten gefüllt hätte, und sie aus Barmherzigkeit weggeben würde, - und wenn, auf der anderen Seite, ein guter Mann oder eine gute Frau, der oder die zum Bodhi-Geist erwacht ist, nachdem er oder sie dieses Sutra erlangt hat, von ihm auch nur eine Strophe von vier Zeilen annehmen und bewahren, lesen, rezitieren und für andere erleuchten würde, so würde die Segnung der Letzteren diejenige der Vorigen bei weitem übertreffen. Wie sollte es für andere erhellt werden? Ohne von Merkmalen gefangen zu sein, so und nur so, bleibe unbewegt. Und warum? Weil: Alle bedingten Dharmas Sind wie ein Traum, eine Illusion, eine Blase und ein Schatten, Sie sind wie ein Tautropfen und auch wie ein leuchtender Blitz. So sollte über sie meditiert werden. Als der Buddha damit geendet hatte, dieses Sutra zu verkünden, und der ehrenwerte Subhuti, die Bikshus und Bikshunis, Laienanhänger und Laienanhängerinnen , sowie die vollständigen Reiche der Götter, Menschen und Asuras – alle die Lehre des Buddhas vernommen hatten, glaubten sie an sie mit großer Freude, trugen sie im Geist und praktizierten sie mit hoher Ehrfurcht. The Vajra-Prajñāpāramitā-Sūtra - End


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